Betteln als Sans-papier?

Hast du im Zusammenhang mit deiner binationalen Partnerschaft / Familie etwas erlebt, das dich gefreut oder geärgert hat? Hier kannst du Dampf ablassen und deine Freude teilen.
Schmetterling
Rang 1
Beiträge: 406
Registriert: Do Jun 23, 2011 2:27 pm

Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Schmetterling »

Ich war letztlich ziemlich schockiert, als ich auf der Strasse "angebettelt" wurde.
Ein Mann kam, und hielt mir ein Zettel vor die Nase (ich dachte mir, das sei wieder so ein Blinder/Tauber/... der um was bettelt), ich hab mich weggedreht. Der Mann "folgt" mir und spricht mich in gebrochenem Deutsch an, ob ich nicht etwas Kleingeld hätte für ihn, für etwas zu essen, er habe nichts, er sei ein "sans-papier", keine Papiere, keine Papiere.

Ich fand das ziemlich dreist. Es kam mir so vor: du MUSST jetzt Mitleid mit mir haben, ich hab nicht mal Papiere (ob es stimmt ist ja noch mal eine andere Frage). Ich meine, muss man als sans-papier betteln gehen "weil man keine Papiere hat"?

(nicht, dass ihr mich falsch versteht, ich habe nichts gegen Strassenmusiker oder andere Künstler, aber ich werd nicht gern auf die Mitleidstour angebettelt, und ich gebe solchen Leuten auch aus Prinzip nichts, auch im Ausland nicht)

Shannon
Rang 1
Beiträge: 631
Registriert: Mi Aug 11, 2010 7:16 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Shannon »

da teile ich deine meinung!

ich würde auch nie etwas geben, ausser eben bei einer darbietung. ich finde es auch gefährlich was der da gemacht hat, wenn die polizei ihn erwischt, bekommt er noch mehr probleme.

mich hat vor jahren mal jemand angebettelt der geld für seinen hund wollte. da sagte ich ihm dass er den hund halt abgeben muss wenn er kein geld dafür hat. hört sich sicher auch herzlos an, ich liebe tiere! finde es aber nicht korrekt wenn man diese vorschiebt.

vor sicher 15 jahren war ich mit einer freundin unterwegs, an der haltestelle bettelte ein junger mann, der war so um die 20. er fragte wegen dem geld für eine schlafstelle. wir gaben ihm nichts, da kam er nach einer zeit wieder und sagte das ihm nur noch 1 franken fehle, wir sollen ihm die doch geben, dann müsse er nicht mehr weiter fragen. das war so witzig und doch auch frech, dass ich wirklich lachen musste. ob wir ihm etwas gegeben haben weiss ich nicht mehr.

betteln muss in der schweiz, meiner meinung nach, niemand. wir haben ein gutes sozialsystem, niemand muss hier verhungern. ich persönlich könnte es nicht, da habe ich eine hemmschwelle.

alte häsin
AdministratorIn
Beiträge: 565
Registriert: Sa Okt 11, 2008 9:47 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von alte häsin »

möglicherweise ist betteln doch besser als sich mit ämtern herumschlagen – dies nur mal als frage in den virtuellen raum gestellt – bitte keine bösen oder nett gemeinten antworten.

auch ich fände es echt schwierig, in notschlafstellen/auffangeinrichtungen und sozialämtern mich dem groove anzupassen. clochard als renitente verweigerung der gesellschaftsnormen, mir nicht unverständlich!
Redaktion
INFO · BINATIONAL
www.ig-binational.ch
der infoletter ist für mitglieder der IG Binational inbegriffen

Schmetterling
Rang 1
Beiträge: 406
Registriert: Do Jun 23, 2011 2:27 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Schmetterling »

der Mann war immerhin unserer Sprache mächtig. Und hat offensichtlich versucht, mit der Mitleidsmasche sich Geld zu erbetteln. Selbst wenn es so ist wie er sagte, teile ich da Shannons Meinung: selbst für solche Leute gibt es Organisationen und Hilfe. Das muss ja nicht gerade unbedingt mit den Obdachlosen zusammen sein.

"sich mit den Ämtern herumschlagen"
Das kommt halt darauf an, was es einem Wert ist. Die können einem das Leben schwer machen, ja. Aber man kann davon leben. Man kann einfach nicht den Fünfer und ds Weggli haben. Will man Geld vom Sozialstaat, muss man halt den ganzen Rattenschwanz mit den Ämtern in Kauf nehmen.

Andere Frage:
Was würdet ihr den tun in so einer Situation? Ich hab mir nachher überlegt, was ich dem Mann hätte anbieten können. Z.B. eine Organisation wo er sich hinwenden kann... (auch wenn ich bezweifle dass er diese Art von Hilfe wollte)

Shannon
Rang 1
Beiträge: 631
Registriert: Mi Aug 11, 2010 7:16 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Shannon »

das problem ist, dass man sich als sans papier nicht wirklich irgendwo hinwenden kann um zum beispiel essen zu bekommen. man geht hier schon nach der richtlinie: nimm was du bekommst oder geh einfach.

was ich tun würde? ganz schnell weglaufen, weil ich sonst sicher mein portemonnaie aufmachen würde. in solchen situationen tun mir die menschen sehr leid und mein helfersyndrom drückt da ganz stark durch.

Schmetterling
Rang 1
Beiträge: 406
Registriert: Do Jun 23, 2011 2:27 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Schmetterling »

Shannon hat geschrieben:in solchen situationen tun mir die menschen sehr leid und mein helfersyndrom drückt da ganz stark durch.
hab ich weniger, weil ich zuerst mal daran zweifle, ob der Mensch tatsächlich in ner versch.... situation steckt, oder sich damit nur Mitleid erhaschen will. Das ist so das "letzte" wo man keine Argumente mehr hat. Jedem andern Mensch, der mich anbettelt kann ich sagen: geh zum Soz-dienst, in die Notschlafstelle, zur Gassenküche, etc. Aber einem Sans-papier ja nicht. Mit so einer Aussage nimmt er einem total den Wind aus den Segeln und setzt mich unter Druck, etwas zu geben.

John Doe
Rang 1
Beiträge: 1250
Registriert: Fr Jul 17, 2009 12:08 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von John Doe »

alte häsin hat geschrieben:möglicherweise ist betteln doch besser als sich mit ämtern herumschlagen – dies nur mal als frage in den virtuellen raum gestellt – bitte keine bösen oder nett gemeinten antworten.

auch ich fände es echt schwierig, in notschlafstellen/auffangeinrichtungen und sozialämtern mich dem groove anzupassen. clochard als renitente verweigerung der gesellschaftsnormen, mir nicht unverständlich!
unterschrieben.
Schlafen ist eine Strategie gegen Hunger... :(
Enjoy difference - start tolerance!!
"Mit oder ohne Kopftuch bin ich doch dieselbe." - Ni pute, ni soumise.
Ici et ailleurs - c'est la misère qui fait partir les gens.

Shannon
Rang 1
Beiträge: 631
Registriert: Mi Aug 11, 2010 7:16 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Shannon »

heute beobachteten wir mitten auf dem markt in örlikon mehrere junge männer und kinder, die rosen verteilten. sie gaben die rose einfach in die hand und zeigten dann auf ihren mund. eine ältere frau nahm dann die rose und ging weiter und der knabe hinter hier her. er riss die rose wieder an sich. schlussendlich waren sie dann auch im einkaufszentrum und im restaurant.

ich glaube es waren rumänier, aber das ist eigentlich auch egal. es war sehr störend. die waren aufdringlich, mehr als aufdringlich. die flitzten zwischen den leuten herum und davon hatte es heute viele bei diesem wetter. kaum ging man einige schritte, schon waren wieder einige da.

es tut mir wirklich leid, aber ich habe einfach meine relativ harte meinung gegenüber solchen bettlern, die so extrem sind. es ist etwas anderes wenn ich mit jemanden ins gespräch komme und der sagt mir ganz normal das er hunger hat. dem kaufe ich mit freuden was immer er will. vielleicht schreien nun einige von euch laut auf, aber ich vergleiche nun mal betteln mit spenden. jedes jahr kommen solche bettelbriefe und überall gibt es arme menschen. ich möchte gerne einfach selber entscheiden wem ich was geben möchte. und nicht weil jemand auf dem boden sitzt mit einem schild in der hand.

alte häsin
AdministratorIn
Beiträge: 565
Registriert: Sa Okt 11, 2008 9:47 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von alte häsin »

es muss niemand geben an leute, die sitzen/dastehen oder sonstwie einfach da sind.
etwas anderes sind die rosenträger oder taubstummen (die polizei im aargau hatte einige spontane wunderheilungen zu verzeichnen!).
ABER: das sind organisierte banden und das geld kommt nicht den bettelnden zugute, sondern den hintermännern, so habe ich keine skrupel, abzulehnen!
Redaktion
INFO · BINATIONAL
www.ig-binational.ch
der infoletter ist für mitglieder der IG Binational inbegriffen

Schmetterling
Rang 1
Beiträge: 406
Registriert: Do Jun 23, 2011 2:27 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Schmetterling »

alte häsin hat geschrieben:es muss niemand geben an leute, die sitzen/dastehen oder sonstwie einfach da sind.
etwas anderes sind die rosenträger oder taubstummen (die polizei im aargau hatte einige spontane wunderheilungen zu verzeichnen!).
ABER: das sind organisierte banden und das geld kommt nicht den bettelnden zugute, sondern den hintermännern, so habe ich keine skrupel, abzulehnen!
Ich hab das hier auch oft das Gefühl, wenn plötzlich auf einen Schlag die ganze Stadt voll ist von Strassenmusikern die alle der gleichen Region zu zu ordnen sind. Ich glaub die werden ein Car voll hergefahren (geht ja jetzt, Schengen sei dank) und gehn dann wieder, wenn die Taschen voll sind (von wem auch immer, vermutlich nicht die der Musiker).
Aber bei Strassenartisten geb ich gern was, wenn mir das zusagt, was geboten wird.

Shannon
Rang 1
Beiträge: 631
Registriert: Mi Aug 11, 2010 7:16 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Shannon »

Ich habe irgendwo in den letzten Tagen gehört oder gelesen, dass man die Nothilfe für Sans Papiers zurückschrauben will. Also das tägliche bisschen etwas, was sie bekommen. Aber ich weiss nicht mehr wo.

Auch wenn ich gegen Betteln bin, jede Medallie hat zwei Seiten. Okay, sie sind nicht erwünscht und deswegen macht man auch alles damit es ihnen nicht zu gut geht. Auf der anderen Seite würde mich mal interessieren wieviel der Mensch zum Leben braucht, damit er überleben kann. Wenn ich mir vorstelle, dass ich jeden Tag nur 8 Franken hätte, das wäre für mich extrem.

Es gibt halt auch Menschen, die nicht zurück gehen können, aus guten Gründen, die aber von den Behörden als unwichtig eingestuft werden. Jetzt sollen auch noch Gründe wie Militär Verweigerung als Asyl nicht mehr zählen. Mein Partner hat mir erzählt, dass in Angola das Militär einfach junge Männer von der Strasse aus weg nimmt. Und leider sind die dann auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Ist diese Angst nicht ein guter Grund um zu fliehen? Ich bin schon der Meinung! Wir hier haben eigentlich inzwischen schon fast die Wahl, es ist sehr einfach vom Militärdienst wegzukommen und Zivilschutz leisten zu können.

Macht es sich die Schweiz nicht auch einfach zu einfach? Wird da nicht generell jedes Gesuch einfach abgelehnt? Es gibt Menschen, die leben schon so lange hier und werden nicht anerkannt. Sollte auch da nicht mal angesetzt werden? Ganz sicher sollten Sans Papiers, die schon einmal gearbeitet haben, der Ausweis nicht entzogen werden.

Wenn Schweizer beim Umgang mit den Behörden einen Fehler machen, ist das nicht so tragisch. Bei einem Sans Papiers wird aber sofort angenommen, dass er sich den Aufenthalt erschleichen will.

Unter diesem Aspekt verstehe ich, dass gebettelt wird. Wenn jetzt ein Kollege meines Partners hier auftauchen würde und um Essen bitten, würde ich ihm das sofort geben, auch etwas Geld würde ich ihm sicherlich geben. Der Unterschied ist das ich mich aber mit ihm etwas unterhalten könnte.

John Doe
Rang 1
Beiträge: 1250
Registriert: Fr Jul 17, 2009 12:08 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von John Doe »

alte häsin hat geschrieben:spontane wunderheilungen
:lol: :lol: :lol:
ich habe nichts gegen betteln. muss ja niemand was geben, der nicht will.
Schlafen ist eine Strategie gegen Hunger... :(
Enjoy difference - start tolerance!!
"Mit oder ohne Kopftuch bin ich doch dieselbe." - Ni pute, ni soumise.
Ici et ailleurs - c'est la misère qui fait partir les gens.

Shannon
Rang 1
Beiträge: 631
Registriert: Mi Aug 11, 2010 7:16 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von Shannon »

@J.D.

Huhu

Hast du meine PN eigentlich bekommen?

John Doe
Rang 1
Beiträge: 1250
Registriert: Fr Jul 17, 2009 12:08 pm

Re: Betteln als Sans-papier?

Ungelesener Beitrag von John Doe »

jaja, drum das ps. ;)
Schlafen ist eine Strategie gegen Hunger... :(
Enjoy difference - start tolerance!!
"Mit oder ohne Kopftuch bin ich doch dieselbe." - Ni pute, ni soumise.
Ici et ailleurs - c'est la misère qui fait partir les gens.

Antworten